Beitrag im Online Magazin TÜV Süd – 3. Teil
https://in.tuev-sued.de/meine-welt-deine-welt-kollegentypen-3/
Serie: Meine Welt, deine Welt veröffentlicht im TÜV Online Magazin vom 3. September 2018
Kollegentypen im Porträt: der „Streber“
Er ist gut und hat Erfolg. Die Business-Trainerin Susanne Päpper erklärt, wie sich der Streber seinen Titel erarbeitet, warum Kollegen aufhören sollten, ihn so zu nennen, und warum in anderen Ländern die sogenannten Streber nicht als Streber bezeichnet werden.
In unserer Serie „Meine Welt, deine Welt“ stehen die Charaktere unserer Arbeitskollegen im Fokus. Die Expertin Susanne Päpper hat bereits erklärt, wie der „Überfürsorgliche“ tickt und wie man am besten mit dem „Unscheinbaren“ umgeht. Im nächsten Teil wird ein Charakter analysiert, der nur wenig für seinen Namen kann.
Dieser Kollegentyp ruft schnell Neid hervor
„Ohne Fleiß kein Preis“ – ein Sprichwort, das für den strebsamen und ehrgeizigen Kollegentypen die Lebenseinstellung ist. Doch Streber ist nicht gleich Streber. Wir unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Arten: dem Talentierten und dem Fleißigen. Beide sind ehrgeizig und haben bereits in der Kindheit gelernt, dass sich Leistung auszahlt. Sie definieren sich über ihren Erfolg und glänzen sowohl im Beruf als auch im Hobby, denn ihr Ehrgeiz strahlt auf alle Lebensbereiche aus. Doch ihre Motivation und ihr Einsatz unterscheiden sich deutlich: „Der Talentierte lernt von Natur aus mühelos und nimmt Informationen schnell auf“, sagt Susanne Päpper. „Zwar gehört ein gewisses Maß an Disziplin, Fleiß und Kontrolle für ihn dazu, doch längst nicht so ausgeprägt wie für den Fleißigen. Er investiert viel Zeit und Mühe, um voranzukommen. Für ihn ist die Bestätigung von außen am wichtigsten.“
Streber: Ein von außen auferlegter Titel
Die negative Bewertung „Streber“ gibt sich niemand selbst, sie kommt immer von außen und deutet auf Neid hin. „In anderen Ländern wie in China, Großbritannien oder den USA werden besonders gute Schüler oder Angestellte anders wahrgenommen als in Europa. Sie haben ein hohes Ansehen und erhalten Auszeichnungen für ihre Leistung, weil sie dort eine andere Wertigkeit hat“, erläutert Päpper. Die negative Wertschätzung hierzulande hat für den Streber im Berufsalltag handfeste Auswirkungen wie zum Beispiel die Ausgrenzung aus dem Team. Oft wälzen Kollegen auch Aufgaben auf ihn ab, denn „der kann es ja eh am besten“. In manchen Fällen fängt der Streber an, seine Kompetenzen zu verstecken, um nicht zu viel Aufmerksamkeit und die ganze Arbeit auf den Tisch zu bekommen.
Deshalb sollten Kollegen aufhören, eine Person als Streber zu sehen
Wenn man Leistung hinnimmt, statt sie überzubewerten, gäbe es keine Streber mehr. „Wir sollten aufhören, uns zu vergleichen, um die Einteilung zu vermeiden“, rät Päpper. Ein weiterer Schritt: Trauen Sie sich selbst mehr zu. Wenn Sie sich vor Augen führen, dass Sie Aufgaben genauso gut erledigen können wie der Streber – selbst wenn Sie länger dafür brauchen –, machen Sie es sich selbst leichter. Außerdem gibt es einen grundlegenden Irrtum: „Man muss nicht in allen Disziplinen gut sein. Häufig entsteht ein Halo-Effekt, also nur der Anschein, als könne man automatisch alles, obwohl man vielleicht in nur einem Bereich wirklich gut ist“, so Päpper. Die Fehlerkultur in Unternehmen spielt eine ebenso grundlegende Rolle. Fehler bedeuten, es fehlt noch etwas. Je eher Unternehmen das verstehen und es als Chance zum Lernen sehen, desto besser können sie die Voraussetzungen für gegenseitige Unterstützung und Anerkennung schaffen. Dadurch verliert der Gedanke „ich bin besser als du” Gewicht und der Grundsatz „ohne Fleiß kein Preis“ hat keine Grundlage mehr. So lastet weniger Druck auf den Mitarbeitern und der Konkurrenzgedanke kommt weniger zum Tragen.
Der Talentierte oder Fleißige kann selbst auch an sich arbeiten
„Im Coaching habe ich häufig Manager, die sich „allein an der Spitze fühlen“ und nicht verstehen, warum keiner mit ihnen etwas zu tun haben möchte und warum sie nicht glücklich sind, obwohl sie doch alles haben“, gibt Päpper zu bedenken und spricht damit einen entscheidenden Aspekt an, der die strebsame Person häufig trifft: Einsamkeit. Deshalb sollte die Person an ihrem Selbstwert arbeiten und auch mal zu sich sagen: „Ich bin gut so, wie ich bin, und muss mich nicht über Leistung profilieren.“ Außerdem hilft es, die Kollegen und ihre Stärken zu beobachten und sich die eigenen Schwächen einzugestehen. Genauso sollte die Person lernen, dass sie nicht nur akzeptiert wird, wenn sie Leistung erbringt, sondern auch, wenn sie mal einen Fehler macht. Doch fest steht: „Streber sein“ ist kein Charakterzug, vielmehr ein Titel, der von außen kommt und auf besonderes Können und Fleiß hinweist.